Abläufe und Tätigkeiten nachweisen

Inhalt

Die Pflegedokumentation ist im Anästhesiebereich noch nicht etabliert.

Insbesondere dadurch, dass die Tätigkeit eng verknüpft mit dem ärztlichen Bereich durchgeführt wird und der ärztliche Dienst ein Anästhesieprotokoll für jeden Patienten führt, wurde die Notwendigkeit einer eigenen Dokumentation nicht erachtet.


Da der Nachweis von Abläufen und Tätigkeiten einen immer größeren Stellenwert bekam, machte sich das Fehlen eines eigenen Dokumentationssystems bemerkbar. Obwohl auch wir die kommende Problematik bagatellisierten, gab es doch seit einigen Jahren Bestrebungen Anästhesieleistungen zu dokumentieren.

Wir begannen im Jahre 1994 ein Projekt, in dem wir aufzeichneten, welche patientenbezogenen Tätigkeiten vom Anästhesiepersonal selbstständig oder assistierend durchgeführt wurden. Diese Dokumentation ergab eine erste Übersicht pflegerischer Maßnahmen. Gleichzeitig dokumentierten wir Zusatzaufgaben, die die Vielfältigkeit der Tätigkeit im Anästhesiebetrieb hervorhoben. Alle Tätigkeiten wurden mit Zeitwerten versehen und auf das laufende Jahr errechnet.

Das Ergebnis war derart respektabel, dass eine Erhöhung der Planstellen zunächst begründet werden konnte, später eine Sicherung der vorhandenen Planstellen möglich war.

Um eine Dokumentation in diesem Umfang zu erstellen, mussten zunächst einmal Tätigkeiten für das Personal formuliert werden. Aufbauend auf vorhandene Tätigkeitskataloge aus der Literatur erstellten wir einen individuellen Katalog für unseren Bereich.

Bei der Recherche stießen wir auf eine Veröffentlichung der WHO in den DGF - Mitteilungen 4/97, betitelt mit Anästhesiepflege Weltweit durch Krankenschwestern und Krankenpfleger, Details zu einer Studie von Maura S. McAuliffe ("Nurse Anesthesia Worldwide: An Analysis of Education, Practice and Legislation.").

Diese Studie über die Qualität und Quantität von Leistungen des Anästhesiepflegepersonales ergab erstmals ein umfassendes Bild. Gesundheitsministerien aus 164 Ländern, Berufsverbände aus 154 Ländern und Krankenpflegeverwaltungen aus 76 Ländern beantworteten die Fragebogen. Antworten aus 107 Ländern bestätigten, dass dort Narkosen vom Krankenpflegepersonal durchgeführt wurden. In neun Ländern assistierte das Personal, die Antworten aus 18 Ländern waren nicht verwertbar. In einer zweiten Aktion wurden 299, von den erstbefragten Teilnehmern angegebenen, Anästhesieschwestern und Pfleger dazu befragt, ob sie selbstständig Narkosen durchführen. Diese Frage wurde durch 75 % der Befragten bejaht. Im Einzelnen wurden in ihren Krankenhäusern folgende Arbeiten durchgeführt:

Anästhesie bei Kaiserschnitt 85%
Narkoseeinleitung 77%
Intubation 74%
Spinalanästhesie 77%
Periduralanästhesie 44%
Überwachung während Operation 79%
Extubation 77%
Postoperative Überwachung 54%


Imponierend auch, dass für 50% der Befragten keine Weiterbildungslehrgänge in ihrem Land vorgesehen oder verfügbar waren.



 Ganz anders das Bild in Deutschland. Während sich hier die Aufgabenstellung an der Assistenz des Anästhesisten orientiert und die Vor- und Nachbereitung der Arbeitsplätze einen hohen Stellenwert einnimmt, ist der Anteil der Weiterbildungsteilnehmer überproportional hoch.
Dies förderte ein neues Selbstbewusstsein des Berufs, nachdem die Anästhesieschwestern und Pfleger aus ihrer Rolle der Narkosedurchführung durch die steigende Zahl der Anästhesisten verdrängt worden waren.
Eine abteilungsinterne Erhebung ergab folgendes Tätigkeitsspektrum:

Identifikation des Pat. 88%
Monitor anschliessen 95%
Venenpunktion 60%
Maskenbeatmung zur Einleitung 73%
Intubation unter Aufsicht 2,5%
Medikamentengabe 33%
Lagerung der Arme 85%
Lagerung des Kopfes 61%
Prüfung der Geräte 100%
Überwachung der Narkose ohne Arzt 0%

 

Ein Schwerpunkt der Tätigkeiten lag im Vor- und Nachbereiten der Arbeitsplätze, dem Kontakt mit dem Patienten, der Venenpunktion und der Assistenz des Anästhesisten bei Narkoseeinleitung, Überwachung und Narkoseausleitung.

Resultierend aus diesen Ergebnissen erstellten wir einen Katalog, der auch als Vorlage für das Pflegedokumentationssystem herangezogen wurde. Dieser Katalog zeigte die aktuelle Situation, drückt aber auch die Ansprüche der Mitarbeiter aus.

Aufgaben des Fachpersonals im Funktionsbereich Anästhesie:

  • Einholen von Informationen über das Tages Anästhesie – Programm
  • Mitgestalten des OP - Programms
  • Bereitstellen aller Geräte und Hilfsmittel
  • Gerätekontrolle nach MPG
  • Vorbereitung der Narkosearbeitsplätze
  • Übernahme der Patienten und Kontrolle der Identität
  • Anlage Monitoring
  • Venenpunktion
  • Assistenz bei der Narkoseeinleitung
  • Maskenbeatmung, ggf. Intubation
  • Überwachung der Narkose
  • Vor- und Nachbereitung von Blutprodukten
  • Maschinelle Autotransfusion
  • Mithilfe bei der Patientenlagerung
  • Assistenz bei der Narkoseausleitung
  • Psychische Betreuung des Patienten
  • Umgang mit Sonden und Kathetern
  • Injektionen
  • Notfall - Labor
  • Einstellen der Narkosegeräte
  • Einleiten von Notfallmaßnahmen
  • Dokumentation
  • Kontrolle von Notfallwagen und Ausrüstung
  • Begleitung von Patiententransporten
  • Assistenz und Durchführung der Schmerztherapie
  • Vorbereitung und Assistenz von Bronchoskopien
  • Interne Fortbildung
  • Anleitung neuer Mitarbeiter
  • Innerklinische Notfallversorgung
  • Administrative Tätigkeiten
  • Assistenz in der Sprechstunde
  • Selbstständige Überwachung von Patienten in Plexusanästhesie


Aufbauend auf unsere Erfahrungen und der Idee eine Pflegedokumentation zu erstellen war die Recherche nach verwertbaren Systemen frustrierend. In den letzten Jahren wurden verschiedene Dokumentationssysteme vorgestellt.
Initiatoren waren meist Weiterbildungsteilnehmer von Anästhesie- und Intensiv – Lehrgängen, die im Rahmen von Projektarbeiten Dokumentationssysteme entwickelt hatten. Leider resümierten die meisten, dass diese Dokumentationssysteme in der Praxis wenig Gegenliebe verursachten.
Bei genauem Hinsehen schlossen wir uns dieser Meinung an, da die meisten Vorschläge sehr umfangreiche und aufwändige Schreibarbeiten mit sich brachten.

Struktur der Abteilung

Die Anästhesieabteilung versorgt mit derzeit 20 Mitarbeitern, davon 17 Fachkrankenschwestern – und pfleger, 10 Operationssäle, eine Notfallambulanz mit Schockraum, CT, MRI, DSA, Urologischer Eingriffsraum, eine Anästhesiologische prästationäre Operationsvorbereitung ( APO), eine präoperative Wartezone sowie die Erst – und Nachbehandlungsbäder im Brandverletztenzentrum der Klinik. Die innerklinische Notfallversorgung wird ebenfalls wahrgenommen.

Die Pflegeplanung wird für die präoperative Wartezone durch die Mitarbeiter dieses Arbeitsplatzes am Vortag erstellt. Für die jeweils ersten Patienten im OP-Saal erstellt der zuständige Mitarbeiter am Operationstag die Planung. Bei Notfällen erfolgt eine zeitnahe Dokumentation.

In der präoperativen Wartezone mit drei Bettplätzen werden die Patienten soweit vorbereitet, dass sie mit laufenden Infusionen und EKG-Elektroden, Blutdruckmanschette und vollständigen Papieren zeitgerecht in den OP eingeschleust werden können.

Zusätzlich besteht die Möglichkeit, in der präoperativen Wartezone Plexus brachialis Anästhesien durchzuführen, so dass diese Patienten bereits mit ausreichender Betäubung eingeschleust werden, was sich positiv auf die Wechselzeiten auswirkt.

In unserer Klinik wird der überwiegende Anteil an Plexusanästhesien durch Handchirurgen durchgeführt.
Hier ist es Aufgabe der Mitarbeiter, neben der Assistenz zur Anästhesie, den Patienten intraoperativ zu betreuen. Im Bedarfsfall kann ein Anästhesist hinzu gezogen werden.
Für diese Patienten wird ein modifiziertes Dokumentationssystem verwendet, das dem Standardsystem gleicht, aber zusätzlich die Möglichkeit der Aufzeichnung eines Vitalwertverlaufes beinhaltet.

In allen anderen Bereichen steht jeweils einem Anästhesisten ein Mitarbeiter des Funktionsdienstes zur Seite, so dass wir bis heute eine 1:1 Besetzung der Operationssäle und Arbeitsplätze gewährleisten können. Alle Operationssäle haben einen Einleitungs – und Ausleitungsraum.
Die postoperative Überwachung im Aufwachraum wird von einer gesonderten Mitarbeitergruppe sichergestellt.

Methode

Unser Ansatz war eine übersichtliche, einfache Dokumentation, die alle in Frage kommenden Maßnahmen beinhaltet und die größtmögliche Akzeptanz bei den Mitarbeitern findet. Vermeiden wollten wir eine Dokumentation in Konkurrenz zum Anästhesieprotokoll und somit eine doppelte Dokumentation. Wichtig auch die Lesbarkeit für Dritte. Als Ergebnis sollte auch eine Leistung darstellbar sein. Letztlich gaben wir uns als Vorgabe eine DIN A 4 Seite auf.

Ergebnis

Heute steht uns ein Dokumentationsbogen in vierter Überarbeitung zur Verfügung, der alle Maßnahmen auf einer Seite darstellt.

Neben der Erhebung von individuellen Patientendaten ist die Seite so gestaltet, dass die Mitarbeiter eine Planung und Durchführung von Maßnahmen durch ankreuzen vorgefertigter Felder dokumentieren können.
Alle Maßnahmen sind in Anweisungen, Leit– und Richtlinien sowie einem Abteilungshandbuch beschrieben, so dass sich ein standardisiertes Vorgehen ableiten lässt. Abweichungen können in einem Bemerkungsfeld niedergeschrieben werden.
Nach nunmehr drei Jahren können wir sagen, dass dieses Dokumentationssystem etabliert ist und mit aktuellen Nachbesserungen auch die notwendige Akzeptanz gefunden hat.
Der Dokumentationsbogen liegt als Durchschreibformular vor; das Original verbleibt in der Anästhesieabteilung, der Durchschlag in der Patientenakte.

Um eine Pflegeplanung vorzunehmen zu können sind einige Informationen notwendig.
Wir nutzen als Informationsquellen:
1. die APO (Anästhesiologische prästationäre Operationsvorbereitung)
2. das OP – Programm
3. die Angaben zum Narkoseverfahren

Im Notfall beschränkt sich die Planung auf aktuell vorliegende Informationen. Pflegerische Maßnahmen leiten sich aus standardisierten Abläufen ab.

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